Dienstag, 27. Januar 2015

Keynes – zu Ende gedacht


Über die Schaffung von gemeinschaftlichem Eigentum
und damit von Arbeitsplätzen

Ernst Dorfner

Die Schwierigkeiten, die nachfolgende Überlegungen bereiten mögen, liegen – wie Keynes anmerkt – nicht so sehr in den neuen Gedanken, sondern im Loskommen von den alten. Es geht dabei um das Thema „Staatsschulden“ und damit um das Thema „Schulden“ ganz allgemein.
Noch immer versteht die Mehrheit der Ökonomen und Wirtschaftspolitiker Geld als Tauschmittel, also als Mittel zur Vereinfachung des multilateralen Tausches. Dieser wird in der Formel Wa-G-Wb beschrieben: Die Ware a des A wird allerdings nicht direkt mit Geld gegen die Ware b des B getauscht. Geld wäre dann überflüssig. Sie wird gegen Geld des X getauscht, der dafür Ware a erhält, während A nun das Geld gegen die Ware b des B tauscht. X hat nun Ware a, A hat Ware b und B hat das Geld. Die obige Formel müsste also genau genommen heißen: Wa-Gx-Wb
Dabei wird vorausgesetzt, dass X das hierfür erforderliche Geld wiederum durch einen vorangehenden Tausch erhalten hat. Es also einfach da ist und immer schon da war.
.
Schulden tauchen in dieser Abfolge bis jetzt nicht auf. Alles ist abgeschlossen. Nun ist es aber vorstellbar, dass X sich Geld erst besorgen, also einen Kredit aufnehmen muss. Damit erwirbt er dann Ware a. Doch hat X jetzt auch Schulden. Diesen Schulden steht dann das erworbene Sachvermögen in Form der Ware a gegenüber, wie in jeder Bilanz sichtbar wird.
Damit aber hat sich auch die Sachlage maßgeblich verändert. Nicht nur ist eine weitere Person dazugekommen, nämlich der Kreditgeber; der ganze Vorgang ist zudem noch nicht abgeschlossen: X hat monetäre Schulden, die erst in Zukunft getilgt werden. Sonst gäbe es ja Schulden nicht. Damit ist die Zeit mit im Spiel, aber auch die Frage, wie denn diese Schulden getilgt werden können. Letztlich ist das nur möglich, wenn X mit dem, was er erworben hat, die Produktion einer verkaufbaren Ware aufnimmt, mit deren Verkauf gegen Geld er diese Schulden tilgen kann.
Damit aber stellt sich unsere Wirtschaft nicht als Tauschwirtschaft dar, in der zeitgleich bereits fertige Produkte getauscht werden, sondern als eine Wirtschaft, in der, ehe überhaupt getauscht werden kann, in die Produktion investiert wird. Produktion aber braucht Zeit. Erst mit dem Faktor „Zeit“ erhält der Begriff „Schulden“ auch einen Inhalt. Schulden sind damit in einer Investitionswirtschaft keine krankhafte Erscheinung, sondern integraler Bestandteil.
Mit dem Kredit der Banken wird nun aber dieses Schuldverhältnis ein anderes: Das ursprüngliche Schuldverhältnis aus dem Übergang der Ware a vom Geber A zum Nehmer X wird mit dem Kredit und der damit möglichen Bezahlung des Gebers A zu einem Schuldverhältnis zwischen Nehmer X und der Bank Y.
Letztlich geht es den Eigentumsübergang von A zu X. Die Frage, die nun aber zu stellen ist, heißt: Muss dies auch so sein, wenn X die staatliche Gemeinschaft ist, und mit dem Kredit gemeinschaftliches Eigentum geschaffen wird? Die Überlegungen zeigen, dass Keynes’sche Wirtschaftspolitik nicht zu Ende gedacht ist. Sie geht von einer falschen Vorstellung von Geld aus..
  1. Greift eine Einzelperson auf das Eigentum einer Einzelpersonen zu, um Eigentum für sich zu schaffen, so entsteht zwischen den Einzelpersonen ein Schuldner/Gläubiger-Verhältnis, das sich mit dem realen Schuldverhältnis deckt.
  1. Aus diesen vereinzelten Schuldner/Gläubiger-Verhältnissen entsteht erst durch Vermittlung der Banken ein (weltumspannendes) Verrechnungs-Netzwerk in solchen Verhältnissen. Es stellt sich in Form von Kredit/Geld dar. Der Preis für diese Vermittlungsdienstleistung der Banken ist der Zins.
  1. Greift die Gemeinschaft (Staat) auf das Eigentum von bestimmten Einzelpersonen zu, um damit gemeinschaftliches Eigentum zu schaffen, so entstehen zwischen der Gemeinschaft und diesen Einzelpersonen Schuldner/Gläubiger-Verhältnisse in Form von Verbindlichkeiten der Gemeinschaft.
  1. Der Anteil jeder Einzelpersonen am gemeinschaftlichen Eigentum ist der Lohn der gemeinschaftlichen Anstrengung. Diesem steht eine Bringschuld jedes Einzelnen als Forderungen der Gemeinschaft an den Einzelnen gegenüber.
  1. Über die gesamte Gemeinschaft saldieren die Verbindlichkeiten nach 3. und die Forderungen nach 4. zu Null. Die Gemeinschaft hat keine Schulden bei sich selbst.
  1. Es verbleiben aber Schuldner/Gläubiger-Verhältnisse zwischen den Einzelpersonen als positive oder negative Differenz aus ihren jeweiligen faktischen Beiträgen zum Entstehen des gemeinschaftlichen Eigentums, und den ihnen gemeinschaftlich als angemessen oder „gerecht“ zugeordneten Bringschulden bzw. Beiträgen.
  1. Festzulegen, was „gerecht“ ist, bleibt Aufgabe der Politik.
  1. Eine Verschuldung des Staates bei der Schaffung gemeinschaftlichen Eigentums geht daher nicht aus den realen Schuldner/Gläubiger-Verhältnissen hervor, sondern auf die Nutzung des von den Banken geschaffenen Verrechnungs-Netzwerkes
  1. Es verbleibt aber ein Netzwerk aus Verbindlichkeiten/Forderungen zwischen den Einzelpersonen, das über den Staat vermittelt wird. Die im Saldo dabei jeweils als angemessen zu erbringenden Beiträge der Einzelpersonen stellen sich in den gemeinschaftlich vereinbarten Steuern und Abgaben dar.
  1. Soweit die Finanzierung der Schaffung von gemeinschaftlichem Eigentum über Steuern und Abgaben erfolgt, wird somit 5. erfüllt.
  1. Nicht erfüllt wird 5. jedoch bei der Schaffung von gemeinschaftlichem Eigentum über eine Kredit-Finanzierung durch den Staat in Form des deficit spendings, wie es im Falle eines nicht ausreichenden Wirtschaftswachstums angewandt wird.
  1. Punkt 4 wird erst dann im obigen Sinn erfüllt, wenn zusätzliche Steuern und Abgaben in Höhe der Finanzierung über Kredite eingehoben werden. Ohne diese zusätzlichen Steuern und Abgaben wird ein „gerechter“ Ausgleich zwischen den Einzelpersonen nicht hergestellt.
  1. Dieser gerechte Ausgleich wird derzeit dadurch verhindert, dass die vom Staat über Kredite aufgenommene Geldsumme bei zu geringem Wirtschaftswachstum von den Unternehmen für die sonst nicht ausreichende Bedienung deren Kredite herangezogen wird, ebenso wie für Verbuchungen von Unternehmens-Gewinnen. (siehe Anhang)
  1. Mit den zusätzlichen Steuern und Abgaben erhält dagegen der Staat das Geld zurück, mit dem nun der Eigentum aufgenommene Kredit zurückgezahlt werden kann.
  1. Durch diese Kreditrückzahlung wird Geld (Kreditgeld) ebenso vernichtet, wie es durch Rückzahlung der Unternehmenskredite geschieht. Das heißt auch, dass in keinem der beiden Fälle eine längerfristige Erhöhung der umlaufenden Geldmenge bewirkt wird. Diesen Geldumlauf gibt es in diesem Sinn nicht. Soweit Geld in die Wirtschaft strömt, entsteht es aus einem Verschuldungsvorgang, dem idealtypisch eher früher denn später ein Entschuldungsvorgang folgt. Geld (Kreditgeld) wird damit geschaffen („Quelle“) bzw. vernichtet („Senke“).
  1. Der primäre Konjunktureffekt erfolgt somit nicht durch Erhöhung der Menge des umlaufenden Geldes, sondern durch einen jeweils einmaligen Nachfrageimpuls, indem das vom Staat zusätzlich ausgegebene Geld durch den vielfach verästeltem Wirtschaftskörper sickert, ehe es von vielerlei Steuerpflichtigen an den Staat zurückfließt. Sekundäre Effekte können aber dadurch angestoßen werden.
  1. Konkret erhält ein Unternehmen für eine zusätzliche Lieferung an den Staat jenen Preis, mit dem es diese angeboten hat. In den Preisen seiner ganzen Lieferungen müssen jedoch neben den vorhandenen nun auch die zusätzlichen Steuern und Abgaben enthalten sein. Der Anteil daran ist für das Unternehmen selbst jedoch nur ein Bruchteil der zusätzlichen Einnahmen. Der größere Teil wird zur Zahlung von Vorleistungen wieder einschließlich zusätzlicher Steuern und Abgaben verwendet. Die ganze Summe dieser kommt somit durch die Ausbreitung über eine Unmenge von Vorleistungs-Lieferanten zustande.
  1. Am Ende wird somit der Saldo aus zusätzlichen Steuern und Abgaben und zusätzlichen Geldeinnahmen in Form von Löhnen und Gewinnen zu Null, nicht aber der reale „Lohn“ für Arbeit und Kapital. Dieser stellt sich in Form einer allen Mitgliedern der Gemeinschaft zugute kommenden Mehrung kollektives Eigentum dar.
  1. Damit unterscheidet sich dieser Vorschlag sowohl von der Schuldenmacherei des Staates als auch von dem Gegenteil, dessen Spar- und Austerity-Politik. Wie bei letzterer wird auch bei diesem Vorschlag die Bedienung der Kredite der Unternehmen nicht staatlich unterstützt. Der Staat wird aber damit in die Lage versetzt, sinnvolle Arbeitsplätze zu schaffen, ohne sich zu langfristig zu verschulden. Allerdings muss auch er für die kurzfristigen Kredite Zinsen zahlen.
  1. Der Gemeinschaft in Form des Rechtsstaates im Zusammenhang mit den per Zwang eingehobenen Steuern und Abgaben hat aber die Möglichkeit, auf das durch die Geschäftsbanken vermittelte Verrechnungs-Netzwerk zu verzichten und mit dem staatlich vermittelten Netzwerk von Steuer-Verbindlichkeiten/Forderungen die gleiche Aufgabe ohne zusätzliche Zinskosten zu erfüllen. Anstelle des Geldes treten Steuergutschriften (Taxos siehe: www.taxos.info).
  1. Dieses Instrument bietet zudem den Vorteil einer Regionalisierung (im Gegensatz zur Globalisierung) auf die eigene Volkswirtschaft, da es seine Akzeptanz in der Bedienung der nationalen Steuern und Abgaben findet
  1. Bei der Einzahlung von Steuergutschriften bei den Finanzbehörden werden die Steuergutschriften vernichtet, so wie Geld bei der Rückzahlung von Bankkrediten vernichtet wird.
  1. Da Geld wie auch jede Steuergutschriften letztlich immer wieder vernichtet wird, bleibt am Ende der Reichtum einer Gemeinschaft im Eigentum von Gütern begründet. Bei diesem Vorschlag kommt es dabei zu einer echten Umverteilung zwischen Gütern, die der „Markt“ bereitstellt, und denen, die der Staat als kollektives Eigentum schaffen kann.
Grossgmain, Feber/März 2007
Anhang
Die Keynes’schen Formeln und ihre Interpretation
Vorbemerkung.
Folgende Formeln gehen vom Volkseinkommen Y aus, d.i. das BSP abzüglich der Abschreibungen.
Die Netto-Investition ist gleich den Brutto-Investition abzüglich der Re-Investition der Amortisation.
Die unten angeführten Gleichungen werden als „Keynes’sche Formeln“ bezeichnet. Die Frage stellt sich aber, ob ihre Interpretation auch dem Geist von Keynes gerecht wird.
Die übliche neoklassische Interpretation dieser Formeln:
Y = C + S
Das Volkseinkommen wird für Konsumgüter ausgegeben, der Rest gespart
In Ziffern: 100 = 80 + 20
Y = C + I
Das Volkseinkommen entsteht aus Ausgaben für die Erzeugung von Konsumgütern
und aus Netto-Investitionen
In Ziffern: 100 = 80 + 20
Daraus ergibt sich, dass S = I ist
Üblicherweise wird immer mit Relativzahlen gerechnet:
Also: Y/Y = y ; C/Y = c ; S/Y = s ; I/Y = i,
so dass y stets 1 bzw. 100 in Prozent ist.
y = c + s = c + i
Die Mitarbeiter von Keynes (und eigentlichen Theoretiker hinter Keynes) haben die Interpretation umgedreht, wie dann deutlich wird, wenn man bei Joan Robinson (Einführung in die Volkswirtschaftslehre, zus. mit John Eatwell) und Michal Kalecky (Theorie der wirtschaftlichen Dynamik) nachliest.

Robinson schreibt:
Die Arbeiter konsumieren, was sie verdienen,
und
die Kapitalisten (als Kollektiv) verdienen, was sie investieren.
Die Aussage wird dann verständlich, wenn wir uns klar machen, dass
die Ausgaben der Unternehmen für Investitionen
die Einkommen der Arbeiter im Investitionsgütersektor
sind.
Die Keynesianer schreiben daher in Absolutwerten und in dieser Reihenfolge:
C + I = Y
Die Ausgaben für die Erzeugung für Konsumgüter
plus
die Ausgaben für Netto-Investitionen
ergeben
das Volkseinkommen
In Ziffern: 100 + 20 = 120
Von diesem Volkseinkommen kann
von den Arbeitern des Konsumgütersektors nur C ausgegeben
und damit ein Anteil C/Y am real vorhandenem Konsumangebot konsumiert werden,
während die Arbeiter im Investgütersektor I ausgegeben,
und einen Anteil I/Y konsumieren.
Das Konsumangebot ist nun aber jenes,
das schon gestern mit Kosten C gefertigt wurde,
aber erst heute verkauft werden kann, und zwar mit einem Volkseinkommen
Y = C + I
Damit aber erzielen die Unternehmen im Konsumgüterbereich einen Überschuss in Höhe von
S = Y – C
Die makro-ökonomische monetäre Ersparnis der Unternehmen im Konsumgüterbereich ist gleich
den Ausgaben der Unternehmen für Nettoinvestitionen
In Ziffern: 20 = 120 –100
Daraus folgt
S = I
Die Unternehmen (als Kollektiv) verdienen, was sie investieren.
Damit können Gewinne und Zinsen verbucht werden.
Ernst Dorfner,
verbessert August 2006
Nach einer Vorlage vom Dezember 2000

Basar-ökonomisches Denken und industriewirtschaftliche Realität

oder


Kreditgeld wird meist nur fast verstanden


Ernst Dorfner

Michael schreibt von einer „unheimlichen Stille“, die auf der newmoney-Liste derzeit herrscht. Aber, so die Frage: Ist nicht schon alles -- mehrfach -- gesagt? Und nichts verstanden? Nicht verstanden, weil nur fast verstanden. Denn: Entweder ist etwas ganz verstanden, oder gar nicht.

Beispiel gefällig?

In „Vision eines regionalen Aufbruchs“, herausgegeben vom Katholischen Sozialwerk, stellen die Verfasser Günter Hoffmann, Heiko Kastner, Dieter Petschow, Joachim Sikora die Frage „Woher kommt das Geld“ und geben darauf folgende Antwort: „Wer diese einfache Frage stellt, betritt den Bereich der Magie. Geld wird buchstäblich aus dem Nichts geschaffen. ....... Jeder Dollar , jeder Euro und jede andere in Umlauf befindliche nationale Währung hat als Bankdarlehen begonnen. Wenn Sie beispielsweise zum Kauf eines Hauses eine Hypothek über € 100.000.- erhalten, so überweist Ihre Bank diesen Kredit auf ihr Konto, und schafft diese hundertausend Euro buchstäblich aus dem Nichts. Dieses Geld zirkuliert so lange, bis eines Tages jemand das Darlehen zurückbezahlt. Dann verschwindet das Geld, kehrt wieder in Nichts zurück, aus dem es geschaffen wurde. (Seite 34/35).
Das ist fast richtig, aber eben nur "fast" -- und darum ist das zur Gänze nicht verstanden,

Die letzten beiden Sätze stammen nahezu wortwörtlich aus Bernard A.Lietaer, „Das Geld der Zukunft“: Dort heißt es: „ ...; und so zirkuliert das Geld so lange, bis eines Tages jemand ein Darlehen zurückzahlt. Dann verschwindet das Geld wieder ......“ (S. 127)

Dieser Fehler zeigt uns, dass die Verfasser der „Vision“ auch nur einen ersten Blick auf das Thema „Kreditgeld“ geworfen, aber nicht weiter nachgedacht haben. So mancher täte es sich wohl wünschen, dass eines Tages das Darlehen, das er aufgenommen hat, von jemandem zurückbezahlt wird. Aber wer ist schon so dumm? Und darf dabei nicht einmal allgemeines Lob erwarten , lässt er doch mit seiner Tat noch dazu das Geld verschwinden. Vernichtet dieses!

Aber auch Lietaer streift das Thema des Kreditgeldes nur. Auch in seinem Buch hört das Thema schon wieder auf, ehe es noch so recht angedacht wurde. Die Zusammenhänge zwischen dem Kreditgeld und der Struktur unserer Wirtschaft sind für ihn kein Thema. So bleibt auch für ihn Kreditgeld in einer Tauschwirtschaft angesiedelt, in der es sich bei genauerem Hinschauen rasch als Fremdkörper zeigen würde. Und will umgekehrt ein Tauschgeld in eine Kredit- und Investitionswirtschaft als Komplementärgeld einpflanzen.
Ein grundsätzlicher Irrtum. Das Warum hierfür sehe ich dabei in dem von Keynes apostrophierten Schwierigkeiten, die im Loskommen von den alten Gedanken - hier dem so genannten „Geldkreislauf“ - liegen. Die Neoklassik holt allzu viele immer wieder ein. So heißt es etwa in einem Paper:

“Wir müssen die Betrachtungsweise erweitern. Güter sind nicht einfach vorhanden, sondern müssen produziert werden. Geld ist Voraussetzung, dass Güter produziert werden. Wirtschaft ist ein Investitionsprozess. Zuerst muss produziert, dann erst kann verkauft werden. Um zu produzieren, muss Geld verfügbar sein und ausgegeben werden (Bezahlung von Arbeit, Anschaffung von Betriebs- und Produktionsmittel, Bezahlung von .... Steuern usw.) Dann wird produziert und erst danach verkauft. Wenn aber nur soviel Geld zurückflösse als investiert wird, können gerade mal die Produktionskosten (Geldvorschuss) abgedeckt werden. Um einen Gewinn realisieren zu können, muss inzwischen weiteres Geld in die Wirtschaft eingeschossen worden sein. Daher verlangt der Wirtschaftsprozess als Investitionsprozess immer die Erweiterung der Geldmenge.“
Ja, bis hierher richtig. Fast.
Ich gehe hier vom Wort „zurückflösse“ aus, und versuche diese Ausführungen näher zu erklären: In der Tat ist es ja so, dass Geld zurück fließt – im Sinne von rückwärts fließen (<<<) nicht aber im Sinne von hin- (>>>) und zurück (<<<) fließen . Wenn Verkauf und Lieferung der Produkte, die aktuell gerade vom Unternehmen A hergestellt werden, später nach Fertigstellung an B ( oder die Bs) erfolgt, so fließt das Geld, das sich A über einen Kredit beschafft hat, schon vorher an Z (oder die Zs), der (die) A Vorprodukte und Arbeit gegen Geld liefert(n). Die Produkte fließen also vorwärts zu B, das Geld fließt zurück zu Z. So wie das Geld aus dem Kredit des B erst später zu A zurückfließt.

In diesem „vorher" und „später", der Zeitdifferenz, begründet sich aber erst der Kredit und die Kreditwirtschaft. Nicht aber die Tauschwirtschaft.

Nun heißt es weiter im Paper:
„Um auf den Kreditvorgang noch einmal zu sprechen zu kommen: Der Kredit schafft neues Geld. Die Bank gibt A Bargeld oder bucht Geld auf dessen Konto. A kauft und zahlt an B, und B an C. Geld ist im Umlauf.“

Wenn hier nun von A zu B zu C vorwärts bedeutet, dann kommt man mit obigen Überlegungen, dass zuerst produziert, und dann erst verkauft werden kann, in einer hierarchisch aufgestellten Arbeitsteilung (von der Rohstoffgewinnung bis hin zur Einzelhandel) in Widerspruch. Damit das Geld so laufen könnte, müssten die damit eingetauschten Produkte bei B und C schon vorhanden sein.
Tatsächlich aber läuft das Geld nicht immer weiter vorwärts um. Es ist nie zu B geflossen. Es läuft jetzt vielmehr von A zu Z. Und später aus einem neuen Kredit an B zu A (zurück), der damit eine weitere Produktion aufnimmt, oder aber damit seine Kreditschulden zurückzahlt.[i]
Das ist die Beobachtung dessen, was vor unseren Augen abläuft, keine Theorie. Die Theorie, die Voraussagen auf zukünftige Beobachtungsergebnisse ermöglichen soll, baut erst auf diesen Beobachtungen auf.
Da nun aber die neue Produktion mit einem höheren Geldaufwand, einem gleichbleibenden, oder aber auch mit einem geringeren Geldaufwand durchgeführt werden kann, gibt es eine zusätzliche Netto-Kredit-Aufnahme, oder eine Null, oder aber auch eine Netto-Kredit-Rückzahlung. Das aber heißt, dass die Wieder-Investition des zurückgeflossenen Geldes keinem Automatismus folgt, sondern diese eine offene Neu-Entscheidung des Unternehmens darstellt. Generalisiert heißt das: Wir schließen gedanklich das alte Geschäft mit der Tilgung des alten Brutto-Kredites mittels dem zurückgeflossenen Geld ab (Geld wird vernichtet) und beginnen ein neues Geschäft mit einem neuen Brutto-Kredit (Geld wird geschöpft), dessen Höhe dann nur indirekt von der Höhe der zurück geflossenen Geldmenge abhängig ist.
Wenn somit die neuen Investitionen niedriger als die vorher getätigten sind, dann legen Unternehmen Geld nichts still, horten es nicht, sondern.reduzieren einfach die Kredite, die aufgenommen werden.
Damit sollte aber auch klar werden, dass eine Umlaufsicherung des Geldes bei den Unternehmen ins Leere geht. Was nicht vorhanden ist, kann weder schnell noch langsam umlaufen.
Deutlich wird nun aber auch deutlich, dass sich mit der Vorstellung eines Geldumlaufes das Wesen von Lohnarbeit und von Lohneinkommen nur schwer verbinden lässt. Hier wird ja immer darauf gewartet, das eigene Produkt gegen Geld tauschen zu können, mit dem dann selbst weiter etwas unternommen wird. Das kommt dem nahe, was wir heute unter den Ich-AGs verstehen. Vorfinanzierung von vertraglich gesicherter Lohnarbeit kommt somit dort, wo der Tausch am Anfang steht, nur als gedankliches Implantat vor.
Dagegen ist dort, wo die Sache mit der Produktion begonnen wird, Vorfinanzierung und damit Lohnarbeit integraler Bestandteil. Und damit wird auch klar, dass die Menge der Lohnarbeit nicht von der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes abhängt, sondern von der Höhe der getätigten Vorfinanzierung. Das aber ist eine Entscheidung der Unternehmen, wie aus obiger Generalisierung deutlich wird.
Verkürzt gesagt: Nur in der Produktion gibt es Arbeitsplätze, nicht aber beim Tausch. Die Vorstellung eines Geldumlaufes entspringt aus einer Basar-Ökonomie, entspricht aber nicht einer Industrie-Ökonomie. Die Unterschiede zwischen beiden werden bei einem Besuch in den Suks von Fez real erlebbar. Wie dort etwa Leder vorindustriell gegerbt wird, wie dort die Handwerker ihre Drechselbänke antreiben.
In der obigen strukturierten Gegen-Darstellung treten die Konturen deutlich hervor: Es gibt jeden Moment in Summe nur das Geld, das die Investoren in diesem Moment selbst schaffen. Im zitierten Paper bleibt dagegen alles wolkig: „Woher hat die Bank das Geld? Geld wird ans Publikum ausgegeben (Kredit, Zinszahlungen an Kunden), Geld fließt zurück (Ersparnisse bei der Bank, Zinsen für Kredite). Das ist ein ewiges Gehen und Kommen, ...“ Geld ist hier wiederum einfach „da“, so wie das Wasser im Aquarium der Goldfische.
Die Vorstellung eines Geldumlaufes von A zu B zu C zu ..... X zu Y zu Z zu A, das ewige Gehen und Kommen als eine Art Überereignis, ist Schimäre . Auch dort, wo die Haushalte mit ins Spiel kommen. Auch dort laufen die aus der Vorfinanzierung bezahlten Lohneinkommen (auf Umwegen) nicht um, sondern zurück zu den Produzenten und Händlern der Konsumgütern, die bereits vorher erzeugt worden sind. Auch sie tilgen ihre Kredite und vernichten damit Geld. Und entscheiden mit ihrer Neuverschuldung mit über die Höhe der Geldmenge und des Volkseinkommens.
Und es gibt auch keinen umgekehrten Geldumlauf von A zu Z zu Y zu X zu .... zu B zu A . Da Z vor dem A produzieren muss, und Y vor dem Z, und X vor dem Y, kommt jeder nur über einen Kredit zu Geld, und nicht aus dem Umlauf. Letzteres ist unmöglich.
Also braucht es eine Vorfinanzierung.
Und wo es Vorfinanzierung gibt, muss es auch "Rück"-Finanzierung, also Schuldentilgung, geben. Diese Rückfinanzierung muss nun aber in dem Medium erfolgen, die im Schuldvertrag, im Kreditvertrag, vereinbart wurde. Aktuell also in Euro, und nicht etwa in Regio.
Grundsätzlich gilt für den Taxos das genau so. Der Taxos versucht diese Schwierigkeit nun aber dadurch zu meistern, dass der Staat bzw. die Gemeinde ihre Steuer- und Abgabenforderungen in Taxos akzeptiert, womit in der Bilanz der Unternehmen Taxos-Verbindlichkeiten den Taxos-Forderungen gegenüberstehen können. Diese Taxos-Forderungen können die Unternehmen wiederum durch Lieferung an den Staat (die Gemeinde) erwerben. Ein in sich geschlossener Verechnungs-Kreislauf vom Staat (Gemeinde) zurück zum Staat (Gemeinde) wird so hergestellt.
Leider sind diese Einsicht offensichtlich schwer zu vermitteln. Die Mehrheit der "Geldreformer " sind Bastler, die sich in technokratischen und abwicklungsmäßigen Details verstricken, dabei an gängige Mythen hängen, die Beobachtung der realen Zusammenhänge und die Lehren daraus jedoch kategorisch ablehnen. Sie verstehen alles nur "fast".
So aber landen die Geldrefomer genau so auf Spielwiesen wie die Umweltschützer, die sich für den Schutz der Gelbbauchunken stark machen, aber die Frage, warum denn unsere Wirtschaft ständig auf Kosten von Natur und Umwelt wachsen muss, außen vor zu lassen.
Ernst Dorfner, 24,05.06
** siehe dazu auch meinen Beitrag: “Geld und seine Disziplinierungskraft”






[i] Wobei hier nur am Rande angemerkt sein soll, dass schon der Ausdruck „fließen“ überholte Assoziationen hervorruft.

Mittwoch, 27. Januar 2010

Montag, 31. Dezember 2007

Geld - ein Tauschmittel? Schulden - ein krankhafter Auswuchs?


Ernst Dorfner

Schulden
und Schuldenakkumulation finden nach so mancher Ansicht ihre Ursache in einer Fehlkonstruktion unseres Geldes. Zu klären ist dann jedoch, ob überhaupt von dem Geld gesprochen wird, das wir haben. Ob die Überlegungen mit der Realität übereinstimmen.
Gehen wir von der weit verbreiteten Meinung aus, dass Geld allein von der Zentralbank als Tauschmittel ähnlich einer Ware „erzeugt“ wird, dann kann dieses auch nur von der ZB auf dem Tauschweg in Umlauf gebracht werden. Dieser Tausch kann nun aber nur darin bestehen, gegen Geld jene Güter einzutauschen, welche die ZB selbst für den Betrieb der Institution benötigt bzw. über die Entlohnung der Mitarbeiter in den Konsum fließt. Diese Güter werden nun aber mehr oder weniger rasch verbraucht, während die in Umlauf gesetzte Tauschware „Geld“ nicht verbraucht wird, also ad infinitum erhalten bleibt. Die Tauschware fließt weiter um, aber nicht mehr zur ZB zurück, sondern an dieser peripheren Institution vorbei. Was auch können die Nichtbanken von der ZB eintauschen? Doch nur Geld gegen Geld. Das heißt, dass die ZB immer wieder neue geschaffenes Geld einsetzen muss, um ihren Betrieb zu finanzieren. Wenn dabei die jeweils von der ZB ausgegebene Geldmenge auch klein ist, so akkumuliert das rasch zu einer beträchtlichen Summe des in Umlauf gesetzten Geldes.
Die Vorstellung von Geld als Tauschware ist bereits hier in Frage zu stellen.
Die von der von der ZB geführte Buchhaltung bleibt dabei eine einfache Ausgaben/Einnahmen-Rechnung, auf der ausgabenseitig die Ware „Geld“ und einnahmenseitig die zugekauften Waren und Leistungen sowie Lohnzahlungen verbucht werden. Diese Buchhaltung wäre dabei so wie auch die Institution ZB peripher, somit eigenständig. Es wäre keine doppelte Buchhaltung, wie es die Bilanzbuchhaltungen der Banken sind. Hier ist aber nun die Frage zu stellen: Stimmt das auch mit der Realität überein? Oder wird das falsifiziert? Ist also die Buchhaltung der ZB keine einfache Einnahmen/Ausgaben-Rechnung?
Andererseits: Wenn nun das von der ZB bereitgestellte Geld einfach irgendwie an alle verteilt - vom Hubschrauber („Hubschraubergeld“) abgeworfen - wird? Wie schaut dann die Buchhaltung der ZB aus? Eine einfache Aufsummierung, wie viel und zu welchem Datum „abgeworfen“ wurde?
Wie aber schaut nun die Wirklichkeit – das, was wirkt - aus? Werfen wir dazu einen Blick in die Monatsberichte etwa der Bundesbank. Man mag diese Statistik als Realität so oder so werten, trotzdem bleibt sie Realität, ein Faktum, das die Ausrichtung der Sozialökonomie von purer Ideologie zur Wissenschaft macht.
Während nach obigen Vorstellungen die Geldschöpfung - wie immer sie auch erfolgt – bei der ZB liegt, erfolgt die Kreditgewährung allein durch die Geschäftsbanken (GBen). Diese sammeln jenes Tauschgeld in Form des Bargeldes, das gespart, also für Zukäufe in nächster Zeit vom Geldbesitzer nicht benötigt wird - also "überflüssig" ist - und leihen es an diejenigen weiter, die eine größere Anschaffung (Investition) tätigen wollen. Jetzt (erst) entstehen Schulden in dieser Vorstellungswelt.
Das nun könnte anhand der bei den Geschäftsbanken geführten doppelten Buchhaltung (Bilanzbuchhaltung) nach Übersicht IV durchaus nachvollzogen werden. Die Gleichheit der Kredit(Aktiv)-Seite mit der Einlagen(Passiv)-Seite lässt diese Überlegung widerspruchslos zu. Daraus aber geht nicht hervor, was zuerst ist: Die Einlage, also das Passivgeschäft, oder der Kredit, also das Aktivgeschäft?
Grundlage unserer weiteren Betrachtungen ist der Monatsbericht der Deutschen Bundesbank (hier für Dezember 2005), und dort die Übersichten II, III und IV . (siehe dazu den Beitrag „Die ganze Geldwirklichkeit liegt nur in den Büchern“). Das Bargeld ist dabei jenes ZB-Geld, das in Umlauf gebracht wird.
Dort fällt auf:
  • Übersicht II ist die konsolidierte Bilanz der Geschäftsbanken (monetäre Finanzinstitutionen) mit Einschluss der Bundesbank[i]. Übersicht III und IV werden zu dieser konsolidiert.
  • In Übersicht II scheint Bargeld auf der Passivseite als „Bargeldumlauf“ auf.
Bargeldumlauf 12/05:143,5 Mrd. Euro.
Bilanzsumme 12/05: 4667,4 Mrd. Euro.
  • In Übersicht III – der Bilanz der Bundesbank - scheint Bargeld auf der Passivseite als „Banknotenumlauf“ auf.
Banknotenumlauf 12/05: 153,7 Mrd. Euro, dem auf der Aktivseite ein Großteil der „Forderungen aus geldpolitischen Operationen an Kreditinstitute ...“ in Höhe von 203,9 Mrd. Euro gegenüber steht. Der Rest sind Guthaben der GBen bei der BB.
Bilanzsumme 12/05: 344,1 Mrd. Euro, davon Goldforderungen: 47,9 Mrd. Euro
  • In Übersicht IV – der konsolidierten Bilanz der Geschäftsbanken[ii] ohne Bundesbank - scheint Bargeld auf der Aktivseite als „Kassenbestand“ auf.
Kassenbestand 12/05: 15,1 Mrd. Euro,
Bilanzsumme 12/05 mit Einschluss der Forderungen/Verbindlichkeiten der Banken untereinander: 6859,4 Mrd. Euro.

Damit stellt sich die Wirklichkeit wie folgt dar:
  • Die Buchhaltung der Bundesbank nach Übersicht III ist so wie die der Geschäftsbanken nach Übersicht IV eine doppelte, also eine Bilanzbuchhaltung, und nicht wie oben skizziert, eine einfache Einnahmen/Ausgaben-Rechnung. In letzterem Fall könnten die Bilanzen der ZB und die konsolidierten Bilanzen der GB ja gar nicht weiter zur Übersicht II konsolidiert werden. Alle müssen dazu die gleiche Struktur haben.
  • In den Bilanzen nach Übersicht III stehen
  • auf der Passivseite die Verbindlichkeiten der BB gegenüber den Nichtbanken in Form des Banknotenumlaufs als Schulden der BB bei den Nichtbanken plus den ZB-Guthaben in Form von Schulden der BB bei den GBen,
  • und auf der Aktivseite Forderungen der ZB gegen die Geschäftsbanken in Form der „Forderungen aus geldpolitischen Operationen an Kreditinstitute .....“
  • Die Guthaben der GBen bei der BB dienen dem Interbanken-Zahlungsverkehr zwischen den einzelnen GBen.
  • Nach Übersicht III steht dem ganzen ZB-Geld nichts anderes gegenüber als Forderungen der BB gegen die GBen. Geld sind die Schulden anderer, sind eine Macht über andere, nämlich die Verpflichteten, und ist damit mehr als der Besitz von Materiellem.
  • Aus Übersicht III sollte deutlich werden, dass es hier nicht um den Tausch von Etwas (Geld) gegen ein anderes Etwas (Waren) geht, sondern um Beziehungen, nämlich der zwischen Schuldnern und Gläubigern vermittels der Bank. Die nicht-materielle Substanz des Geldes manifestiert sich in den damit möglichen Zugriff auf das Eigentum anderer über Verschuldung (Kredit), was wiederum auf der damit möglichen Befreiung von Schulden aufbaut.
  • Aus Übersicht II geht hervor, dass es sich um ein ganzes Beziehungsnetzwerk zwischen den Nichtbanken und dem Bankensystem geht. Wenn wir somit von Geld reden, dann reden wir von Beziehungen.
  • Nach Übersicht III kommt sämtliches ZB-Geld über geldpolitische Operationen an Kreditinstitute in den Verkehr. Daran ändert sich auch nichts durch den 10 bis 15-prozentigen Anteil von Gold und Goldforderungen an den Aktiva. Das von der ZB geschaffene Geld ist somit im vollen Umfang Kreditgeld, also Geld, das erst durch Kreditnachfrage (Verschuldung) der GBen in Verkehr kommt. Zudem liegt auch - rein pragmatisch gesehen – eine eventuell vermeintliche Deckung des Banknotenumlaufs mit Gold unter 10 %. Der Rest besteht ja wiederum „nur“ in Gold-Forderungen. .
  • ZB-Geld ist bereits Kreditgeld. Es entsteht durch Verschuldung und fügt sich damit in das System ein, wo jeder Zugriff auf fremdes Eigentum ein „Schuldig-bleiben“ im ersten Schritt bedingt.
  • In den Bilanzen nach Übersicht II stehen
  • auf der Passivseite die Verbindlichkeiten des Bankensystems gegenüber den Nichtbanken in Form von täglich fälligen (Giralgeld) bis längerfristig gebundenen Forderungen und in Form des Bargeldumlaufes (ZB-Geld)
  • und auf der Aktivseite Forderungen des Bankensystems unterschiedlicher Fälligkeiten gegen die Nichtbanken in Form von Schulden (Verbindlichkeiten) der Nichtbanken.
  • Aus Übersicht IV geht hervor, dass - rein pragmatisch - nur ein geringer Teil dieser Forderungen aus geldpolitischen Operationen nach Übersicht III mit ZB-Geld nach Übersicht IV überhaupt hinterlegt werden könnten. (15,1 Mrd. von 143,5 Mrd. Euro)
  • Die Konsolidierung der Bilanzen von BB und GBen in Übersicht II zeigt: Die Bundesbank und die Geschäftsbanken stehen bis auf das Recht der Schaffung von ZB-Geld (Banknoten) gleichrangig nebeneinander – somit die Bundesbank nicht über den Geschäftsbanken. Giralgeld (GB-Geld) wie ZB-Geld sind Verbindlichkeiten des Bankensystems.
  • Nach Übersicht II sind Bargeld Verbindlichkeiten zwar des ganzen Bankensystems, aber entsprechend Übersicht III der BB zugeordnet. „Die BB nimmt das ZB-Geld mit in die Konsolidierung“.
Das führt zu folgenden Erkenntnissen:
  • Es ist zwar widerspruchsfrei denkbar, dass die Geschäftsbanken Geld, das aber die ZB vorher schaffen und irgendwie in Verkehr bringen müsste, in Form von Ersparnissen sammeln, um dieses Geld anschließend als Kredite weiterzugeben.
  • Es ist auch noch widerspruchfrei denkbar, dass die ZB selbst Geld, das sie allerdings vorher selbst schaffen müsste, in Form von Ersparnissen bei den Nicht-Banken sammelt, um es dann als Kredite an GBen weiter zu geben. Da aber die ZB mit den Nicht-Banken rechtlich keine Geschäftsbeziehungen haben darf, ist ihr solches Handeln nicht möglich.
  • Es ist aber nicht widerspruchsfrei denkbar, dass die ZB zuerst jenes Tausch-Geld bei den Nichtbanken sammelt, das es noch gar nicht gibt ( in den buchhalterischen Unterlagen nirgends zu finden ist), um es über Kredite an die GBen wieder in Verkehr zu bringen.

  • Es ist nicht zu zeigen, dass das Bargeld (Bargeldumlauf) Schulden in Bargeld der GBen bei den Einlegern sind – wie es der Vorstellung, die GBen wären Sammler von Bargeld, entspräche.
  • Es ist praktisch nicht möglich, mit dem Bargeldumlauf in Höhe von 125,9 Mrd. Euro die ganzen Geldverbindlichkeiten des Bankensystems = Geldvermögen der Nicht-Banken in Höhe von 4511,9 Mrd. Euro auszuzahlen.
Daraus folgt:
  • Es ist nirgends Geld in Form einer Tauschware zu finden, die von der ZB eingangs des Prozesses geschaffen wird.
  • Alles Geld besteht in Verbindlichkeiten - und in nichts als Verbindlichkeiten – des ganzen Bankensystem mit Einschluss der ZB.
  • Kredite sind Forderungen – und nichts als Forderungen – des ganzen Bankensystems mit Einschluss der ZB.
Zudem gilt - plakativ verkürzt:

Geld kann niemand ausser den Banken machen – Schulden aber jeder.

Letzteres allerdings mit Einschränkung: Jeder kann etwas schuldig bleiben, aber Schulden machen (aktiv durch Kreditaufnahme) nur die/der, welche(r) über „Kredit verfügt“, also den Kredit besichern kann.
Dass die Banken Geld machen können, wird dann voll einsichtig, wenn man Geld nicht als etwas materielles sieht, sondern als Beziehung, die auf Vertrauen - "Kredit"- aufbaut. Deshalb spricht man auch von "Kreditinstituten". Dieser "Kredit" zeigt sich für den Bankkunden in der schuldbefreienden Wirkung, die durch Geld erfolgt.
Somit gilt:
  • Das Aktivgeschäft kommt vor dem Passivgeschäft.
Diese Aussage gilt für die Kredite des Bankensystems. Erst mit dem Passivgeschäft kommt Geld zu den Nichtbanken. Mit diesem Geld bei den Nichtbanken können auch Ersparnisse im Sinne von nichtverbrauchtem Geld entstehen, das über Banken und andere Institutionen wie Bausparkassen oder Versicherungen als Darlehen wieder vergeben wird.
Da zudem der ZB der Geschäftsverkehr mit den Nichtbanken verboten ist, braucht es die zeitlich vorangehende Kreditgewährung der GBen an die Nichtbanken. Die Geschäftsbanken sind somit der Zentralbank vorgelagert.
Als Fazit ergibt sich:
  • Bargeld wie Giralgeld entstehen aus Verschuldung. Das Gegenüber von Geld sind somit Schulden der Geschäftsbanken wie der Zentralbank – und nichts anderes als Schulden - als Rechtsdokument, einer Verpflichtung nachzukommen. Diese Verpflichtung besteht darin, die den Verbindlichkeiten der Banken gegenüber stehenden. Verbindlichkeiten der Schuldner damit zu tilgen.
  • Den Bilanzen der Banken stehen die Bilanzen der Unternehmen gegenüber. Sie fügen sich widerspruchsfrei ein.[iii] Den Schulden der Unternehmen stehen in den Bilanzen das Vermögen der Unternehmen gegenüber.
  • Schuldenwachstum bedeutet so auch Wachstum an – aber nicht nur – von realem Vermögen.
  • Schulden sind somit kein für sich allein stehender Auswuchs, keine rein monetäre Aufblähung.
  • Die Akzeptanz des Geldes besteht darin, dass eben diese damit mögliche Schuldenbeseitigung wirklich erlebbar, also Wirklichkeit ist. Geld ist Schuldentilgungsmittel.
  • Schulden sind somit konstituierendes Element der Geldwirtschaft, und nicht eine Krankheit, ein Auswuchs einer privilegierten Stellung des Geldes, welche durch chirurgischen Eingriff zu beseitigen ist: Etwa durch Streichung der Schulden.
  • Mit einer Streichung der gesamten Schulden verschwindet deshalb auch das ganze Geld und Geldvermögen.
  • Dieser Gedanke kann daher nur durch eine Sicht auf unsere Wirtschaft als Tauschwirtschaft zustande kommen, in der es durch Verwendung von Tauschgeld erst nach in Umlaufbringung des Geldes zur einer Akkumulation von Schulden kommt. Schulden sind ja hier kein konstituierendes System-Element. Ihre Beseitigung bringt das System nicht zum Einsturz. Das Tauschgeld bleibt ja davon unberührt, weil es nicht aus Verschuldung entstanden ist. Offen bleibt dabei, wie die Bilanzen der Unternehmungen hier hereinpassen. Oder: Sind die dort ausgewiesenen Schulden von anderer Natur als die oben beschriebenen?
Ernst Dorfner
Dezember 2007
Literatur:
Die ganze Geldwirklichkeit liegt nur in den Büchern, in
http://aktegeld4.blogspot.com
http://www.bundesbank.de/volkswirtschaft/vo_monatsbericht_2007.php

Endnoten:


[i] In dieser konsolidierten Bilanz werden die Forderungen mit den Verbindlichkeiten der Geschäftsbanken untereinander ausgeglichen, nicht aber die gegen/gegenüber der Bundesbank.
[ii] In der konsolidierten Bilanz der Geschäftsbanken allein werden alle Forderungen und alle Verbindlichkeiten ausgewiesen, somit auch die internen zwischen den Banken
[iii] Wer aber sind heute die Schuldner? Werfen wir einen Blick in die Statistik:
LEGENDE:
GV.........Geldvermögen
GS..........Geldschulden
NGV..... .Netto-Geldvermögen
NGS........Netto-Geldschulden
PH ...........Private Haushalte
NFKG.......Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften
St ............Staat
MFI.........Monetäre Finanzinstitutionen
SFV.........Sonstige Finanzinstitutionen plus Versicherungen


PH NFKG St

MFI SFV

1
2
3
4 = (1+2+3)
5
6
GV
4.259,9
2.057,2
440,4
6.757,5
6.086,8
2.565,8
GS
1.569,3
3.633,8
1.591,8
6.794,9
5.897,9
2.500,3
NGV
2.690,6



188,8
65,5
NGS

1.576,6
1.151,4




Tab. 1: Geldvermögen und Geldschulden für Ende 2005 in Mrd. Euro,
Quelle: zusammengefasst aus Bundesbank, Monatsbericht Juni 2006, S.32ff Tabelle

Wir sehen: Die Geldvermögen sammeln sich bei den privaten Haushalten, während die größten Schuldner die Nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften sind, also die Unternehmen. Die größten Netto-Schuldner wiederum sind die Unternehmen, gefolgt vom Staat. Sie sind Schuldner gegenüber den privaten Haushalten, aber als Einzelne auch Schuldner gegenüber anderen Unternehmen, etwa in Form offener Rechnungen, die beim Gegenüber als Geldvermögen zu Buche schlagen.
Aber auch die privaten Haushalte haben hohe Schulden. Das aber sind gerade nicht die Armen, sondern die Reichen und der Mittelstand. Die Armen können nämlich – abgesehen von nichtbezahlten Rechnungen und Teilzahlungen in der Lebensführung und damit einer in Relation gesehen untergeordneten Größe – keine Schulden haben, weil sie ja mangels Vermögen gar keine Kredite aufnehmen können.
Zu den Haushalten zugerechnet werden aber auch alle Einzelunternehmer wie Freiberufler, Künstler, Kleingewerbetreibende, usw, also alle Unternehmen, die keine Kapitalgesellschaften sind. So verbirgt sich auch hier hinter der Statistik ein sehr differenziertes Bild.
Am ehesten als homogenes Gebilde kann der Staat betrachtet werden, wiewohl es auch hier zwischen den einzelnen Gebietskörperschaften Gläubiger/Schuldner-Verhältnisse gibt, wie auch aus der Position „Geldvermögen des Staates“ abgeleitet werden kann.

Noch zur Position Spalte 6 (sonstige Finanzinstitutionen plus Versicherungen): Die Finanzierung erfolgt über Ersparnisse, und nicht – so meine Meinung - aus Kreditschöpfung. Hier also kommt das Passivgeschäft vor dem Aktivgeschäft. Auf diese Weise sind auch die Differenzen zwischen Spalte 4 und 5 erklärbar.

Über die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes

Ernst Dorfner



Die in vielen Regionen initiierten Regiogeld-Projekte gehen von der monokausalen Meinung aus, die sozio-ökonomischen Probleme gingen von einem unzureichenden bzw. zu langsamen Umlauf des Geldes, insbesondere des Bargeldes, aus. Würde dieses rascher umlaufen, würde sich auch die Wertschöpfung erhöhen.


So kommt Christian Gelleri, Initiator des Chiemgauer Tauchkreises, in einem Beitrag in „Fragen der Freiheit“ Heft 269 zu folgender plakativen Formel, in welcher Umlauf-Impuls für Umlaufgebühr steht:
Umlauf-Impuls = höherer Umlauf = mehr Umsatz = mehr Arbeit und bessere Ressourcen-Nutzung.


Er ermittelt für den Chiemgauer eine Umschlaghäufigkeit von 21 /Jahr, während diese seiner Rechnung nach für den Euro nur 11,34/Jahr beträgt. Dazu schreibt er selbst:

„Beim Chiemgauer wurden 2004 210.000 Büro in Chiemgauer eingetauscht. Es wurden die Anbieter befragt, wie viel Chiemgauer sie zurücktauschen und weitergeben. Heraus kam eine Weitergabequote von 66% Ende 2004. Daraus ergibt sich ein Multiplikator von 3 (=1/(1-Weitergabequote)). Der Gesamt-Umsatz in Chiemgauer wird nun dividiert durch das durchschnittlich umlaufende Chiemgauer-Volumen. Hieraus ergibt sich eine Umlaufgeschwindigkeit von 21. Bezogen auf die Netto-Wertschöpfung wäre die Umlaufgeschwindigkeit nochmal durch ei­nen geeigneten Faktor zu dividieren.

Um einen fairen Vergleichswert beim Euro zu erhalten, wird der Brutto­produktionswert, genommen als Summe aller geleisteten Werte, dividiert durch die Summe von Bargeld und Sichtguthaben (Geldmenge Ml). Dieser Wert ist relativ niedrig und muss entsprechend der unterschiedlichen Um­laufgeschwindigkeit von Sichtguthaben und Bargeld noch gewichtet wer­den. Hierzu eignet sich die Heranziehung des Einzelhandelsumsatzes und des Bargeldanteils bei Käufen im Einzelhandel.“

Nun betragen für 2004:

das Bruttoinlandsprodukt 2.214 Mrd. Euro,

die privaten Konsumausgaben 1.312 Mrd. Euro,

die Bargeldmenge im Schnitt 120 Mrd. Euro,

die Bar- und Giralgeldmenge i.S. 790 Mrd. Euro.

Was immer man da an Rechnung aufmacht, liegt alles weit unter 10, da ja auch die privaten Konsumausgaben zumindest zur Hälfte bargeldlos bezahlt werden, so die Miete, Betriebskosten, usw..

Hier aber noch weiter nachzuforschen, ist vergebliches Bemühen. Allein schon die Vorstellung vom Geldumlauf in den Köpfen der Initiatoren der Regiogeld-Projekte kann bestenfalls für den Chiemgauer zutreffen:

Wenn ein Mitglied einer Regio-Initiative von einem anderen Mitglied ein Gut kauft, überträgt es als Gegenleistung den vereinbarten Betrag. Der Ver­käufer bezahlt seine Lieferanten oder Mitarbeiter, um keine Kosten für das erhaltene Guthaben tragen zu müssen. So wandert das Guthaben von Hand zu Hand, weil es keiner längerfristig in der Kasse halten will. Der Weiterga­bedruck auf Regio führt dazu, dass die Umlaufgeschwindigkeit im Ver­gleich zum Euro steigt.“

Das „von Hand zu Hand gehen“ von Geld mag es vielleicht am Monatsmarkt in Timbuktu noch geben, nicht aber in unserer hochhierarchisch gegliederten Industriewirtschaft. Selbst Bargeld geht kaum mehr von Hand zu Hand, sondern von der Bank (Bankkonto) über einen Haushalt und einem Einzelhändler wieder zu Bank (Bankkonto). Der Einkauf des Einzelhändlers wird ja wieder bargeldlos eher im Monatsrhythmus bezahlt.

Insgesamt geht es hier um vielschichtig überlagerte Ver- und Entschuldungsprozesse in der ganzen Tiefe der industriellen Produktion, bei denen auch die Arbeitseinkommen mit entstehen, beim Bäckereiarbeiter genau so wie beim Arbeiter in der Gewinnung von Rohstoffen. Es ist dies ein ganzer Zahlungsstrom, von dem der Arbeitseinkommensstrom nur ein geringer Teil ist. So betragen in Deutschland 2004

das Bruttoinlandsprodukt 2.214 Mrd. Euro,

die Arbeitsnehmerentgelte 1.134 Mrd. Euro,

die privaten Konsumausgaben 1.312 Mrd. Euro,

das gesamte Transaktionsvolumen 33.450 Mrd. Euro,

die Passiva = Aktiva der MFIs i. S. 4.500 Mrd. Euro.

Setzt man nun beim Transaktionsvolumen mit der Bar- plus Buchgeldmenge an, so ergibt sich eine Umschlaghäufigkeit von 37/Jahr. Das aber liefert wieder ein verzerrtes Bild. Denn genauso gut kann das ganze Geldvermögen = Geldschulden herangezogen werden, wobei das Geldvermögen der Nichtbanken ident ist mit den Passiva der konsolidierten Bilanz der Monetären Finanzinstitutionen in Deutschland einschließlich Bundesbank. Damit ergibt sich dann wieder eine verzerrte Umschlaghäufigkeit von etwa 7,5/Jahr.

Auf jeden Fall ist es aber nicht so, dass wir zwischen bewegtem Geld und ruhendem Geld unterscheiden müssten. Vielmehr ist alles Geld in Bewegung, nur mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten bzw. unterschiedlichen Umschlaghäufigkeiten. Es liegen weder die Geldschulden noch die Geldvermögen unbeweglich bei bestimmten Personen ein für alle Mal fest. Auch hier kommt es zu Bewegungen in Form von Ab- bzw. Aufbau der einen wie der anderen.

Der Schluss von Gelleri von einer Teilmenge auf das Ganze ist daher unzulässig und irreführend.

Um es im Bild zu sagen: Nicht nur der Golfstrom bewegt sich aus dem Golf von Mexiko über den Atlantik und an West- und Nordeuropa vorbei, sondern die ganzen Meere sind in ständiger Bewegung. Und diese Bewegungen nehmen auch den Golfstrom mit. Würden diese Bewegungen aufhören, wäre es auch mit dem Golfstrom vorbei, und damit mit der Eisfreiheit der nordischen Länder.

So geht es auch nicht allein um die Bewegung des Bargeldes. Oder des Bargeldes und des Buchgeldes. Es geht um den ständigen Fluss der Geldschulden bzw. Geldvermögen, der nicht nur wegen seiner geringen Geschwindigkeit nicht erkannt wird, sondern weil es sich nur in den Büchern vollzieht. Bargeld spielt hier überhaupt keine Rolle. Und damit auch nicht die Beschleunigung des Umlaufes von Bargeld.

Mit der Verlangsamung des Schulden/Vermögensstromes in den Bereichen, wo die Arbeitseinkommen mit hervorgebracht werden, verlangsamt sich auch das Finanzierungspotential des Staates, da sich ja Steuern und Abgaben als Anteile (Auf- bzw. Abschläge) daran bestimmen.